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 BIENENTAGE AUF GITSCHENEN 

 Seit 2021 initiiert die IG Maisander den Gitschener Bienentag . Dieser beleuchtet als jährlich wiederkehrender Anlass die unterschiedlichen Aspekte der Apis mellifera. Er ist ein kultureller Beitrag zur Wertschätzung des unentbehrlichen kleinsten Haustiers und zum Erhalt der Artenvielfalt in der alpinen Kulturlandschaft. Die Biodiversität ist auf Gitschenen immer noch gross, ein Biotop für Bienen, Wildbienen und vielen anderen Insekten. Vor diesem Hintergrund soll das Universum der Honigbiene jährlich im Sommer gefeiert werden. Mit der Lebensweise der Honigbiene vernetzen sich verschiedenste Fachgebiete: Biologie und Medizin, Soziologie und Politik, Architektur und Kunst. An verschiedenen Orten in der Landschaft von Gitschenen finden Konzerte, Installationen, Lesungen und Workshops statt. 

 BIENENTAG 2023 

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 Das Innen und Aussen vermischen – der dritte Bienentag auf 

 Gitschenen 

 von Anna Fierz 

 

 Bereits das dritte Jahr in Folge wird auf der Alp Gitschenen in Isenthal das kleine Haustier gefeiert. Das vielfältige Kulturprogramm verteilt sich einem Rundweg durch die Alplandschaft  entlang und vermischt Innen- mit Aussenräumen.

 

«Gehört das zum Bienentag?» fragt ein Besucher bei der ersten Station des Spaziergangs durch das satte Grün der steilen Wiesen. «Ja! Und der mobile Kiosk ist auch gleich hier» klingt es ganz aus der Nähe. Vor der Gitschenen Alp flattern in der windigen Mittagssonne mit Blüten gefärbte Tücher. Die interaktive Installation «Blütengeschichten» der Textildesignerin Barbara Stutz wird an diesem Tag mit einem weiteren Tuch ergänzt, das Besucher:innen gleich mitgestalten. Die Blüten, der Gummihammer, das noch weisse, seidene Tuch liegen auf dem Tisch bereit.

 

Der mobile Kiosk des Bildenden Künstlers Florian Maritz hat Honigbier oder Focaccia mit Bergblüten im Angebot. «Wir haben Ideen für den Bienentag gesammelt und uns überlegt, was nebeneinander passt» sagt Florian Maritz, der Teil der IG Maisander ist und das Festival mitorganisiert. Im Zentrum stand bei diesem Beitrag, die Festivalbesucher:innen auf dem Rundweg verpflegen zu können. «Ich habe mich mit Kiosks schon in meiner künstlerischen Arbeit auseinandergesetzt. Es war naheliegend, dass wir das jetzt wie schwärmende Bienli machen, also als mobiler Kiosk» Das Praktische und das Künstlerische vermischend, bewegen sich die beiden skulpturalen Kioskbetreiber mit pinkem Bauchladen von Station zu Station. Ihre weissen Overalls in Gelb- Schwarz karierter brushpaint-Musterung zeigen etwas Strenges und Strukturiertes, so Florian Maritz «Bienen haben das auch für mich!»

 

Den Bienen Haus und Hilfe

 

Weiter bei der Alp Geissboden, kommen die Besucher:innen mit der Imkerin Petra Gisler ins Gespräch. Gemeinsam mit Florian Maritz hat sie 2022 die BeeCity entwickelt. Farbige, unterschiedlich grosse Bienenhäuschen bilden eine wachsende Stadt, mit Restaurant, Schule oder einem Hotel. «Wir hatten schnell sehr viel Honig, mussten improvisieren und haben aufgestockt» Die malerische Installation verändert sich mit der Entwicklung der Bienen und zeigt «eine andere Art von verdichtetem Bauen» lacht die Imkerin. Eigentlich ein wunderbares Zeichen, dass es den Honigbienen in der eigens für sie konzipierten BeeCity so gut gefällt. «Aber wir sind auch etwas ins Schwitzen gekommen» Nicht die vielen Bienen, sondern der eingetragene Honig führt dazu, dass der Raum knapp wird. Wenn es so rasant geht wie in diesem Jahr, verschliesst sich das Gitter des Honigraums und die Bienen haben keinen Platz, ihren Ertrag zu lagern. Der zusätzlich geschaffene Raum ist eigentlich eine Überlistung, denn er suggeriert den Bienen, dass es noch Platz für ihren Wintervorrat gibt, also arbeiten sie weiter. Dieses Jahr waren die Bedingungen für die Honigbienen ideal; Temperatur, Feuchtigkeit, Blütezeit, auf der Höhe von 1600 Metern muss so einiges stimmen. «Hier oben ist es ein relativ kleines Zeitfenster, die Saison ist kurz, im August ist das Bienenjahr bereits vorbei.» erklärt Petra Gisler den interessierten Festivalbesucher:innen.

 

Ein paar Schritte weiter ist die Biobäuerin Andrea Gisler gerade dabei, etwas Lehm in die Nesthilfe für Wildbienen zu füllen. Sie hat sich nebst der Lehm-Sandmischung für zwei weitere Komponenten aus der Gegend entschieden: Hartholz der Isenthaler Buche und verschiedene Ästchen. Diese müssen hohl oder sehr weich sein, damit sich die Wildbienen reinschaukeln können. Brombeere oder Schilf eignen sich dafür besonders. «Wildbienenhotel ist eben nicht der richtige Name, es ist einzig eine Hilfe, die Arbeit müssen die Insekten selbst machen» so Andrea Gisler und zeigt auf die bereits gefüllten Quadrate. Wildbienen und Honigbienen ganz nahe beieinander auf der Alp Geissboden ist kein Problem, so Imkerin Petra Gisler auf die Nachfrage einer Besucherin. «Wildbienen sind Solitärbienen und beides im Mass, können die Bienenarten gut nebeneinander existieren.»

 

Die Nesthilfe für die Wildbienen wird Richtung Südosten ausgerichtet stehen, eigentlich gerade hier beim Arbeitsplatz. Besucher:innen und Familienmitglieder schneiden die Ästchen zu, hantieren mit Lehm und bohren Löcher in die Buchenstücke. Eigentlich ist das Holz fast noch zu nass. «Wir machend das zum ersten Mal, es ist ein wenig ein Ausprobieren» sagt Andrea Gisler lachend. Die neun Kästchen werden langsam gefüllt, zwei bleiben vorerst noch leer, erklärt die Biobäuerin «dann schauen wir, was die Wildbienen am liebsten haben und füllen sie zu einem späteren Zeitpunkt.» Wobei «Kästchen» nicht ganz die richtige Bezeichnung ist, der Wildbienenstand ist ziemlich schwer, vor allem wenn er anschliessend mit der ganzen Lehm-Sand Mischung gefüllt ist, so Nicolas Jäger. Er ist bereits das zweite Jahr für vier Monate auf der Alp, als Hirten-Aushilfe «so steht es im Job-Beschrieb, aber es gibt noch immer Leute, die Knecht sagen». Nicolas Jäger hat die Nesthilfe mit den 35 auf 35 cm grossen Öffnungen im Vorfeld des Bienentages gezimmert.

 

Den Menschen Klang und Weite

 

Der Rundweg führt weiter zu einer blühenden Wiese, sieben Leser:innen sitzen verteilt im Gras oder auf Felsbrocken und tragen Passagen aus den «Erinnerungen eines Insektenforschers» von Jean-Henri Fabre vor. Das Stimmengewirr erinnert aus der Ferne an ein Bienensummen. Beim Vorbeigehen werden die einzelnen Stimmen lauter, jedes Wort klar in der Luft, dann wieder leiser und abstrakter. Die Ohren suchen ihren Weg vom Summen zu einzelnen Sätzen und ganzen Abschnitten. Beim Weiterspazieren vermischt sich die stimmliche Klangkulisse mit dem Sound des Aussenraums. Die Konzentration noch beim Summen, nähern sich Melodien aus Tierhörnern von Schaf, Ziege und Kuh. Regina Steiner ist mit ihrer Performance «Wandernde Musik» unterwegs und lässt die Alpenlandschaft erklingen und abklingen.

 

Das Echo der Tierhörner im Rücken, lässt die Besucher:innen bei der nächsten Station im dichten Waldstück innehalten. Der Musiker Emanuel Künzi vermischt in seinem Werk «Summen» Objekte und Instrumente, hockt einmal auf einem Baumstumpf und wirft strenge Beats in den Wald, dann experimentiert er mit Materialien aus dem Wald. Mit Trommelschlägern oder einem Plastikrohr sucht er nach Sounds auf Wurzeln oder an einem Baumstamm, mit einem Geigenbogen streicht der Musiker über die Kante eines metallischen Tellers der sich kreisend auf der Trommel bewegt. Das an einen Synthesizer angeschlossene Plastikmikro fährt über Farn und Moos. Die Instrumente und Objekte erkunden die Umgebung auf der Suche danach, wie der Wald klingt, wo Innen und wo Aussen sein kann.

 

Das Innen und das Aussen beschäftigt auch Marie-Cécile Reber. Ihre Klanginstallation «Insect» ist die letzte Station des Rundweges. Die Musikerin bespielt die Betrufkapelle quadrophonisch, mit einer Installation in Doppel Stereo. Alle Türen der Kapelle sind geöffnet, Die Komposition aus Insektenklängen wird räumlich eingefangen, das Innen vermischt sich gleichzeitig mit der Soundkulisse von aussen. «Mein Thema war schon lange die Schwelle zwischen hörbar und nicht hörbar.» Insekten und Mikrogeräusche beschäftigen die Musikerin seit den 1990er Jahren, wie auch die Neugier, was passiert, wenn sie die Geräusche auseinanderschneidet und wieder neu zusammensetzt. «Es sind feine Veränderungen, aber trotzdem ist es gesetzt. Hier war spannend, die Komposition mit natürlichen Geräuschen zu vermischen und die Frage: Was gibt das?» so Marie-Cécile Reber. Es entsteht erneut ein In-Between, ein Zwischenraum, welcher der Künstlerin so gut gefällt und den sie in ihrer Arbeit sucht. «Das was ich immer mache, ist das genaue Hinhören und der Aussenraum bringt dabei immer wieder neue Energie mit rein.»

 

Hauptsache wild und offen

 

Am Ende des Rundweges freut sich Hildegard Kleeb, als Mitglied der IG Maisander, über die vielen Besucher:innen. «Der Weg ist an und für sich schon schön, zu viel Programm wollten wir auch nicht, sonst ist man nur abgelenkt, ich glaube so war es ideal.» Man könne natürlich auch eine Kuratorin anstellen für das Festival, aber es gehe um etwas anderes hier auf Gitschenen. «Mir ist es das allerwichtigste, dass eine kulturelle und soziale Öffnung stattfindet.» Die Organisator:innen setzen sich zum Ziel, mit bestehenden Ressourcen und den Menschen, die auf Gitschenen leben, etwas von Innen entstehen zu lassen. Aber auch Besucher:innen können ihre Ideen einbringen und den Bienentag mitgestalten. Nur so kann sich das Festival weiterentwickeln. «Wir von der IG kommen aus den verschiedensten Richtungen und haben unterschiedliche Standpunkte. «Beim Wildbienenstand dachte ich zuerst ‘oh das ist so pädagogisch’, weil ich von der experimentellen Musik und Kunst komme. Aber es war dann gar nicht pädagogisch, es war eine Wilde Sache!»

 

Auf diese Art geht es im Herbst weiter. Mit «Wilde Zeit» findet am Wochenende vom 16. Und 17. September ein nächstes Kulturwochenende auf Gitschenen statt, mit Konzerten und Performances, einer Lesung zum Klimawandel und Workshops. In verschiedensten Innen- und Aussenräumen entstehen experimentelle Kunst- und Begegnungsorte. Dieses Ausprobieren zeigt sich auch im musikalischen Ausklang des diesjährigen Bienentages. Hoch oben in der urchigen Umgebung der Alp Geissboden schicken der Kontrabassist Marius Sommer und der Gitarrist Elia Aregger ihre Improvisationen mit solarbetriebenem Verstärker in die Abendlandschaft.

Impressionen

 BIENENTAG 2022 

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Impressionen

 Ein Festival für die Bienen 
 von Anna Fierz 

 Die summenden Insekten als Gastgeberinnen! Zum zweiten Mal waren letztes Wochenende die Bienentage auf der der Alp Gitschenen in Isenthal Anlass für einvielfältiges Kulturprogramm. 

 An mehreren Plätzen auf Gitschenen wird das kleinste und unentbehrlichste Haustier gefeiert. Ein Festival, das sich zum Ziel setzt, einen kulturellen und informativen Beitrag zur Wertschätzung der Bergbienen zu leisten. Der Auftakt macht dieVernissage der Installation Bee-City des Urner Künstlers Florian Maritz auf der Alp Geissboden. Es sind viele bunte Bienenhäuschen, die zur Skulptur einer Stadt mitten in der Alplandschaft heranwachsen. Die Farbe der Häuser ist explizit auf die Wahrnehmung der Bienen abgestimmt und so fliegen diese erfreut um die Schule, das Hotel und das Restaurant «zur Wabe» der Bee-City. Der Standort der Bienenhäuschen ist experimentell, auf der Höhe von 1600 muss sich die Imkerei der bestehenden Topografie und den klimatischen Begebenheiten, sowie deren Veränderungen anpassen. Die Imkerin Petra Gisler betont die Wichtigkeit der Bienen, gerade in der Alpenlandschaft, und nennt sie ein «Spital der Biodiversität». 

Den raren Honig der Gitschener Bergbienen kosten die Besucher:innen auf frischemZopf und im eigens für das Wochenende gebrauten Honigbier der Isenthaler Mikrobrauerei AnderThaler. Das Summen aus der Distanz ist allgegenwärtig, wie aber klingt ein Bienenstock von innen? Der Musiker Beat Hofmann bespielt das Holzhaus auf der Schrindi mit Tonaufnahmen aus einem interdisziplinären Forschungsprojekt, das Bienengeräusche und -klänge näher ans Ohr bringt. Die rätselhaften Töne, mit speziellen Vibrationsmikrofonen aufgenommen, zeigen den Bienenkasten als vielfältigen und ungewohnt überraschenden Resonanzkörper. Innen- und Aussenraum vermischen sich bei Erzählungen zum Umgang mit den kleinen Insekten. Abwechselnd zu den Tonaufnahmen lässt die Imkerin Barbara Schück aus dem Zürcher Oberland die Zuhörer:innen an ihrem ganz persönlichen Bienen-Märchen teilhaben. Eine musikalische Hymne an die fleissigen Tierchen gelingt im Anschluss der Urner Geigerin Alexandra Bissig mit «Liedern auf die Königin». 

Am Abend füllt der Posaunist und Komponist Roland Dahinden mit den «Moorgesängen» die Betrufkapelle. Im Zwiegespräch mit Bienensummen entsteht durch Alphorn, Posaune, Perkussion und Elektronik eine eindrücklich erzählerische Klangkulisse im Innenraum. Wieder im Aussenraum sagen die Besucher:innen den Bienen gute Nacht. Vor dem Haus auf der Schrindi in Liegestühlen und im Gras liegend, lauschen sie dem täglichen Betruf. Kurz darauf erklingen Klaviermelodien aus dem geöffneten Fenster- rein in die Nacht spielt die Pianistin Hildegard Kleeb Schubert. 

Dem Bienensummen ganz nahe kommen die Besucher:innen erneut am nächsten Morgen auf dem Chengelboden, oberhalb der Alp Geissboden, beim Yoga auf dem Berg. Inmitten von Alpenblumen und der vom Gletscher geformten Kalksteinlandschaft bringt die Tänzerin, Performerin und Yoga-Lehrerin Anna Dahinden die Gäste zum Summen. Von weitem betrachtet verschmelzen die Menschen und ihre Propellerbewegungen fast mit den fliegenden Insekten. 

 BIENENTAG 2021 

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 Die ersten Bienentage auf Gitschenen 
 von Anna Fierz 

 Alle Betten auf der 1600 Meter gelegenen Alp Gitschenen in Isenthal sind vergangenes Wochenende belegt. Die seit 100 Jahren ganzjährig bewohnte Alp wird zur einzigartigen Bühne, mit Bienen als Ehrengäste. Ihr Summen im Holzraum verschmilzt in der Performance «Aus dem Leben der Bienen» mit der Geräuschkulisse der Berglandschaft. Soundaufnahmen des Tonkünstlers Andrew Phillips begegnen den Stücken und Improvisationen von Marcel Oetiker am Schwyzerörgeli. Dabei gestaltet die Pianistin und Performerin Hildegard Kleeb die Übergänge sprechend. Bei Honigbrot und Honigbier tauschen sich anschliessend die Besucher:innen mit Imker:innen aus, die ihr Wissen teilen und auf die Bienengesundheit aufmerksam machen. Die Bergbäuerin und Kräuterspezialistin Käthy Furrer läd zur Pflanzenwanderung ein, gebannt lauschen die Gäste den Geschichten und Heilwirkungen der Bergblumen und -kräuter, dem Lebensraum der Wild- und Honigbienen. Mit ihrem Stück «Schraffuren» bespielen die Tänzerin Anna Dahinden und der Perkussionist Emanuel Künzi den Ort, spielerisch und ausdrucksstark. Auf Strohballen sitzen die zahlreichen Besucher:innen, während der Urirotstock langsam anfängt, sich rot zu färben. So berühren die ersten Bienentage auf Gitschenen alle Sinne und zeigen das einmalige Wesen der summenden Sommergäste. Während die Bienen noch zum Schwyzerörgeli tanzen und die Kuhglocken durch die offenen Türen klingen werden schon Pläne für das nächste Jahr geschmiedet. 

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